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Digitalisierung: Sehen wir Ergebnisse?

Digitalisierung verändert alles und wir sind bereits auf der zweiten Hälfte des Schachbrettes. Wer die Geschichte vom Schachbrett und dem Reiskorn kennt, weiß, was das bedeutet: Exponentielles Wachstum, nicht höhere Geschwindigkeit. Wenn wir diese Veränderung nicht proaktiv gestalten, wird sie zwangsläufig unsere Geschäftsmodelle zerstören, wie wir es bei manchen Unternehmen bereits sehen können. Deshalb haben einige Unternehmen vor einem Jahrzehnt mit ihren Digitalisierungsstrategien begonnen und sind durch schwierige Gewässer navigiert. Als Digitalisierungsexperte werde ich oft gefragt, wie man diese Reise beschleunigen kann.

Bei genauerer Betrachtung habe ich eine ziemlich konstante Lücke zwischen der großen Vision und den tatsächlich erzielten Ergebnissen festgestellt. Es gibt mehrere Gründe dafür, aber heute möchte ich einige grundlegende Fragen hervorheben, die wir uns für eine effiziente und effektive Digitalisierungsreise oder das, was ich die Datenstrategie und ihre Umsetzung nenne, stellen können:

  1. Sind konsistente und gemeinsame Prinzipien für alle Funktionsbereiche und Projekte definiert? Zum Beispiel: Haben wir verbindliche Standards für Daten, Schnittstellen und Architektur, um Offenheit, Interoperabilität und flexible Lösungen zu ermöglichen? Haben wir „Data Centricity“ als übergreifendes Prinzip mit all ihren Konsequenzen festgelegt?
  2. Haben wir zuverlässige Blaupausen für Datenintegrationsarchitekturen, die in allen Funktionen und auf Unternehmensebene konsistent funktionieren?
  3. Wird die Digitalisierung nicht nur verstanden, sondern auch konsistent über alle Funktionen hinweg mit Fokus auf Geschäftswert und nicht nur als IT-Technologie ausgeführt?
  4. Haben wir eine gemeinsame Datensprache, die es ermöglicht, Wissen aus verschiedenen Bereichen auf klare und maschinenlesbare Weise zu teilen, auch für den Einsatz von fortschrittlichen KI-Technologien?
  5. Beinhaltet unsere Datenstrategie auch eine “FAIR Data Strategy”?
  6. Berücksichtigt unsere Konzeption praktische und bewährte Implementierungserfahrung? Priorisieren wir die Datenzentriertheit bei der Auswahl und Entwicklung von Lösungen?
  7. Verfügt das Data Office unseres Unternehmens über die notwendige interdisziplinäre Präsenz und vor allem den Einfluss?
  8. Managen und führen wir den Wandel? Letztendlich treiben Menschen den Wandel voran, und sie müssen emotional investiert sein und Verantwortung übernehmen.
  9. Sind Manager und Mitarbeiter auf eine Weise involviert, dass sie das Ziel und die Reise verstehen und zustimmen? Haben wir ein gemeinsames Ziel?

Meiner Erfahrung nach wird die Geschwindigkeit der Digitalisierung oft durch das Fehlen präziser Antworten auf diese Fragen gehemmt. Wenn wir zum Beispiel ein klares Bild des gemeinsamen Ziels haben, schafft dies Verbindung und Orientierung. Wie Seneca einmal weise sagte: “Wenn du die Richtung nicht kennst, ist kein Wind der richtige für dich.”

Wir brauchen auch eine gemeinsame Sprache innerhalb unserer Organisation. Wenn verschiedene Funktionen unterschiedliche Terminologien verwenden oder unterschiedliche Interpretationen derselben Begriffe haben, entstehen Brüche. Dies beeinträchtigt nicht nur die organisatorische Effizienz, sondern auch die Zusammenarbeit, die Datenintegration und die Interoperabilität von Systemen.

Wie Konnektivität die Zukunft der Digitalisierung prägt

In dem vorherigen Abschnitt haben wir die grundlegenden Fragen und Herausforderungen bei Digitalisierungsreisen diskutiert. Lassen Sie uns nun tiefer in ein spezifisches Thema eintauchen: die Bedeutung von Konnektivität und Standards für eine erfolgreiche Digitalisierung.

Konnektivität ist der Schlüssel im digitalen Zeitalter. Das wissen wir spätestens seit jeder sein Smartphone besitzt. Viele Organisationen haben jedoch immer noch Schwierigkeiten mit proprietären Schnittstellen, begrenztem Zugang zu Systemen und Daten sowie organisatorischen Silos. Es ist verwunderlich, solche Hindernisse in einer Zeit der Digitalisierung zu erleben, in der die Data Centricity und Data Assets im Vordergrund stehen sollten.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, ermöglichen offene Standards und fachübergreifende Zusammenarbeit bei Daten eine nahtlose Innovation. Dabei funktioniert die Zukunft des Geschäftslebens wie ein Organismus, bei dem Zellen zusammenarbeiten, neue Zellen schaffen und dasjenige verwerfen, was nicht mehr nützlich ist. Damit das funktioniert braucht es gemeinsame Prinzipien, die Orientierung geben. Ansonsten haben wir Krebs und das wollen wir alle genau nicht. Nicht zu vergessen die technische „Zusammenarbeit von Systemen“, heißt Interoperabilität auf der Grundlage von Standards. 

Teams benötigen eine gemeinsame Ausrichtung, die den Nutzen im Fokus hat. Das ist sicher eine Binsenweisheit, aber trotzdem oft nicht gelebte Praxis. Oft geht es um Eigennutz und im schlimmsten Fall eine Hidden Agenda, dann wird gegeneinander statt miteinander gearbeitet. Dann entsteht ein Wildwuchs von Systemen. 

Die Grundlage für das digitale Labor schaffen

In der Pharmaindustrie wurden zur besseren Zusammenarbeit und nahtloser Interoperabilität der Allotrope Data Standard für Laboratoriumsdaten und die IMDP-Ontologie eingeführt. 

Der Allotrope Data Standard ermöglicht die Systeminteroperabilität und Harmonisierung von Daten über die vielfältige Instrumentenlandschaft in Pharma-Laboren hinweg. Dies schafft eine Grundlage für das digitale Labor, das schließlich zu schnelleren und informierteren Entscheidungen, zu Automatisierung und Effizienzgewinnen und zur Beschleunigung der Arzneimittelentwicklung führen wird. Darüber hinaus werden Wissenschaftler in der Lage sein, große Mengen komplexer Daten effizienter zu analysieren und zu interpretieren. Sie können neue Erkenntnisse gewinnen und die Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz besser nutzen, weil das Fundament stimmt. Mit der Verbindung zwischen digitalen Laboren und klinischen Daten werden Wissenschaftler tiefere Einblicke in Krankheitsmechanismen gewinnen, neuartige Arzneimittelziele identifizieren und personalisierte Behandlungsansätze für Patienten einfacher und schneller entwickeln können.

Zusammenarbeit und Interoperabilität für eine ganze Branche schaffen

Die IMDP-Ontologie ist ein Projekt, das von der Pistoia Alliance initiiert wurde und an dem große Pharmaunternehmen beteiligt sind. Wieder ist es das Ziel, eine nahtlose Interoperabilität und harmonisierte Zusammenarbeit in der Pharmaindustrie zu ermöglichen. In diesem Fall für Produkt- und Substanzdaten. 

Ontologien ermöglichen im Allgemeinen die präzise Beschreibung von Terminologien und Datenkonzepten mit ihren Beziehungen auf unmissverständliche Weise. Ein Vater hat eine Tochter, die Tochter hat eine Schwester, damit ist die Schwester automatisch Tochter des Vaters.  

Obwohl der Begriff “Ontologie” technisch oder kompliziert klingen mag, ist es ein Konzept, das Google seit seiner Gründung erfolgreich genutzt hat. Googles Verwendung von Ontologien hat es ihr ermöglicht, die semantische Bedeutung von Suchanfragen besser zu verstehen und relevante Informationen bereitzustellen. Ähnlich können Ontologien in der Pharmaindustrie sicherstellen, dass alle Stakeholder aus verschiedenen Bereichen, Organisationen und Regulierungsbehörden ihre eigene Sprache sprechen und sich dennoch verstehen können. 

Die Macht der Ontologien in der Gestaltung unserer Zukunft

Lassen Sie uns zu unserem Beispiel von Google zurückkehren: Durch die Nutzung von Ontologien kann Google die semantische Bedeutung von Suchanfragen besser verstehen und relevante Informationen bereitstellen. Wenn jemand zum Beispiel nach “Äpfeln” sucht, kann Google erkennen, dass die Anfrage verschiedene Arten von Äpfeln, Rezepte mit Äpfeln oder die gesundheitlichen Vorteile von Äpfeln umfassen kann.

Daraus können wir uns die Potenziale von Ontologien in der Pharmaindustrie vorstellen. Basierend auf der IDMP-Ontologie können alle Stakeholder in der Branche, einschließlich Personen aus verschiedenen Bereichen, Organisationen und Regulierungsbehörden, sich miteinander unterhalten, auch wenn sie unter einem bestimmten Produktnamen ein unterschiedliches Verständnis haben. Dies fördert die Zusammenarbeit und effektive Kommunikation in der gesamten Branche, aber am Wichtigsten ist, es nutzt den Menschen, die auf neue Innovationen warten und es stärkt die Patientensicherheit.

Lassen Sie uns noch einen kurzen Exkurs zu Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT machen. Während die USA ihre Technologieführerschaft ausbauen, ist Europa führend in den moralischen Bedenken. Die sind berechtigt, aber der Zug ist längst abgefahren und nur wenige sind noch in der Lage aufzuspringen. Und innerhalb der Gesellschaft mache ich mir noch mehr Sorgen, denn von dem, was ich hier schreibe, haben viele noch nicht einmal gehört. 

Egal wie, wir sind es uns und unserem Umfeld schuldig die Entwicklung zu gestalten, und nicht abgehängt zu werden. In diesem Sinne ermöglichen Ontologien es uns, das Wissen, das in den Köpfen der Menschen gefunden wird, in Systeme zu gießen und maschinenlesbar zu machen. Mit diesem Konzept der “Interoperabilität durch Design” können wir LLMs effizienter und effektiver mit unseren eigenen Daten nutzen und neue Erkenntnisse gewinnen. 

Der Allotrope-Datenstandard und die IDMP-Ontologie sind vielleicht kleine, aber wichtige Beiträge zur Förderung von mehr Innovation, Beschleunigung von Prozessen und Sicherstellung der Patientensicherheit. Ich verstehe, dass einige dieser Punkte technisch oder spezifisch erscheinen mögen, vielleicht sogar aus Managementperspektive als “Details” betrachtet werden können. Ich glaube jedoch fest daran, dass wir, wenn wir die Zukunft verstehen und gestalten wollen, die Verbindungen zwischen (technologischer) Innovation, Führung und Entwicklung erfassen müssen. Dieses Verständnis sollte sich auf unser persönliches Wachstum, unsere gemeinsamen Anstrengungen und unsere Organisationsstrategien erstrecken, wobei wir das große Ganze im Auge behalten, aber Schritt für Schritt handeln. Vielleicht können 4 Prinzipien als Leitplanken in diesen zunehmend schnelllebigen Zeiten helfen: Fokussierung auf Ergebnisse als Richtung, kontinuierliche Selbstverbesserung auf der Grundlage von Vertrauensbildung und Übernahme von Verantwortung. 

Was ist Ihr aktueller Fokus bei der Gestaltung der Zukunft? Was auch immer es sein mag, egal wie viele Aufgaben und Verantwortlichkeiten wir haben, jeder Schritt, den wir unternehmen, zählt und bringt uns näher ans Ziel.

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