„Ein gegebenes Versprechen ist eine unbezahlte Schuld.“ – William Shakespeare
In diesem Sinne ist der Schuldenberg vieler Menschen und auch Unternehmen wohl ziemlich groß. Wir versprechen, ein besserer Ehepartner zu sein, mehr Rücksicht zu nehmen, uns im Job mehr anzustrengen, den Kunden besser zu bedienen …
Und in diesem Wust aus Versprechen bleibt das wichtigste auf der Strecke: Was haben Sie sich selbst versprochen?
Bevor Sie über diese Frage ausführlich nachdenken, sollten Sie sich noch einmal Shakespeare in Erinnerung rufen: Ein Versprechen ist eine unbezahlte Schuld. Eine Schuld, die Sie irgendwann bezahlen sollten.
Klingt fast schon biblisch-moralisch, nicht wahr? Kein Wunder, dass dieses „irgendwann“ in der heutigen, religiös eher wenig beeindruckten Gesellschaft häufig verkommt zu: morgen, übermorgen, nächstes Jahr … niemals. Gute Geschäftsbeziehungen oder private Beziehungen und Bande entstehen bei diesem Umgang miteinander sicherlich nicht.
Eine Moralpredigt über die Einhaltung gegebener Versprechen möchte ich Ihnen dennoch nicht erteilen. Weil ich damit am Kern vorbeischießen würde: Jeder Mensch braucht zunächst einmal ein Versprechen an sich selbst.
Dieses Versprechen klingt im Prinzip ganz simpel: Sie versprechen sich, in fünf, zehn, fünfzehn Jahren der Mensch zu sein, der Sie sein möchten.
In der Praxis fällt es allerdings gar nicht so leicht, an diesem Versprechen festzuhalten. Hier ein grandioses Jobangebot, das Sie eigentlich fast annehmen müssen. Da ein Hauskauf, weil ausnahmslos alle in ihrem Umfeld Ihnen zu der Chance raten. Obendrauf eine Beförderung, die niemand mit gesundem Menschenverstand ablehnen würde.
Am Ende stehen Sie da, sind beispielsweise erfolgreiche Führungskraft mit brillantem Lebenslauf und einer steilen Karriere – dabei sind Sie doch eigentlich ein ausgeprägter Familienmensch. Doch statt Zeit mit Ihren Kindern zu verbringen, beschäftigen Sie eine Nanny und verbringen täglich zehn bis zwölf Stunden im Büro. Warum? Weil Sie Ihre Versprechen an Andere eingehalten haben, ohne Ihr Versprechen an sich im Hinterkopf zu bewahren.
Ja, Mama, ich werde Karriere machen.
Ja, Schatz, ich werde die Familie ernähren.
Ja, Chef, ich mache das Projekt noch heute fertig.
Nein, liebes Ich, ich weiß nicht, was ich für mich selber will.
Viele Menschen leiden unter diesem Phänomen. Sie versuchen, sämtliche Anforderungen Ihres Umfelds zu erfüllen, und fragen sich unterdessen nie: Wo möchte ich in zehn Jahren stehen? Wer möchte ich sein? Was will ich tun?
Sich klar zu machen: „Wohin will ich eigentlich?“, ist der erste Schritt, damit Sie sich überhaupt an Ihr eigenes Versprechen halten können. Es genügt nicht, wenn Sie sich lediglich versprechen: „Ich werde erfolgreich sein“ oder „Ich werde den Kundenkontakt in meiner Abteilung verbessern“ – denn was bedeutet Erfolg? Und ist der Kundenkontakt besser, wenn die Verkaufszahlen steigen oder wenn Sie den Kundennutzen erhöhen?
Solche vagen Versprechungen bleiben dauerhaft unbezahlte Schulden. Denn ihnen fehlt der langfristige Horizont. Eine klare Vorstellung davon, wohin Sie eigentlich wollen. Das Versprechen an Sie selbst, auf das Sie hinarbeiten.
Menschen, die dieses Versprechen an sich deutlich vor Augen haben, laufen nicht länger Gefahr, dass Sie die Leiter hochklettern und oben feststellen, dass sie an der falschen Mauer angelehnt war. Sie leben ein selbstbestimmtes Leben, statt „vom Leben geführt zu werden“.
Welches Versprechen geben Sie sich?